Als die Entscheidung des Austritts feststand und langsam offiziell die Runde machte, kam sehr oft die Frage nach dem Warum auf…und wie ich mir das Alles überhaupt so vorstelle; dicht gefolgt von ob ich sie noch Alle beisammen habe ;p Ich versuche das hier mal so gut es geht zu beantworten.
Vorweg, der Beständigste war ich noch nie…
Ich hatte früher gefühlt so ungefähr einen 3-Jahres-Rhythmus zwischen meinen „Auszeiten“ und hab beruflich viel ausprobiert, hatte irgendwie aber nie das Gefühl, angekommen zu sein. Nach dem Eintritt in die Feuerwehr war eine ganze Weile tatsächlich Ruhe, der Job war abwechslungsreich, ich hatte eine großartige Wachabteilung, in der Kollegen im Laufe der Jahre zu wichtigen Freunden geworden sind. Und vor Allem auch das Gefühl etwas Wichtiges und Sinnvolles zu tun, was die Dienste oft nicht als Arbeit anfühlen ließ.
Auch der Schichtdienst ist mir immer gut bekommen, es gab nur 24h-Dienste bei der Wehr. Ich bin mit Schichten ins Arbeitsleben eingestiegen, habe jahrelang nebenbei in der Gastro und im Kino gearbeitet. „Bis die Wolken wieder lila sind“ war eine geläufige Zeitangabe…zudem gab mir das Dienstplan-Modell genug Zeit für spontane Trips und Frühstücksdates auch unterhalb der Woche 😀 „Ich könnte nie wieder 9to5“ hab ich oft gesagt.
Seit letztem Jahr ungefähr fingen ein paar Nachteile an, Überhand zu gewinnen. Einige Freunde und auch in der Familie gab es viel Nachwuchs – was trotz seiner Schönheit einstimmig auch ein hohes Maß an Zeit und Nerven kostet -, es wurde teilweise sehr viel gearbeitet und die wenige freie Zeit ergab sich bei den Meisten in der Regel nur abends und an Wochenenden. Für mich oft Arbeitszeit.
Im Dezember letztes Jahr kam dann eine recht anstrengende Phase für mich – gar nicht einfach auch das Alles so zu sortieren – aber ich denke es war ein Prozess, der viele Stationen hatte und eine im Nachgang auch interessante Reise in mich selbst…
Ende November verstarb aus dem Nichts ein enger Kollege, toller Kerl und tragende Säule in unserem Gruppen-Gefüge. Dann bahnte sich die Pension meines langjährigen und sehr geschätzten Wachabteilungsleiters zum Jahreswechsel an…zusätzlich verstarb noch ein Bekannter nachdem ich ihn persönlich ein paar Tage zuvor mit dem Rettungswagen abgeholt hatte und ein guter Freund fiel während eines längeren Jamaika-Aufenthalts dort ins Koma kurz vor Weihnachten. Mittlerweile ist er gottseidank wieder weitestgehend wohlauf (Greetz, Manni ✌)
Die Feiertage waren wie so oft davor auch dienstreich und ich stellte fest, nicht nur das Jahr neigte sich dem Ende, sondern auch langsam meine Energie…
Als der geplante Silvester-Trip dann doch irgendwie nicht zu Stande kam, erschien mir nur noch eins Sinn zu machen und so schloß ich mich über das Neujahrwochenende einfach mal 2-3Tage mit Rollos unten und ein paar Flaschen Portwein Zuhause ein. Die Erinnerung ist dementsprechend diesig, aber am 01.01. gegen Mittag entschied ich mich die Jalousien wieder hochzuziehen und das neue Jahr zu begrüßen.
Und von da aus bergauf…war der Plan.
Anfang Januar kam ein Einsatz im Rettungsdienst dazwischen, der mich nochmal leicht aus der Bahn geworfen hat. Naja, vielleicht eher getreten…dreckig von hinten…da zeigten Teile der Gesellschaft nochmal eins ihrer hässlichsten Gesichter. Auf Details verzichte ich an der Stelle aus verschieden Gründen. Ein dickes Dankeschön geht allerdings nochmal an die Kollegen, die Alles dafür getan haben um uns im Anschluss an den Einsatz zu entlasten und zur Seite standen so gut es ging. Ich denke die Richtigen werden sich angesprochen fühlen 🙂
Ja, life can be a bitch und auf die Frage nach dem Warum existiert manchmal eben einfach keine zufriedenstellende Antwort…
Die Wochen danach verliefen rückblickend recht passiv, man funktioniert, lenkt sich ab und im März stand Urlaub an. Mit ein bisschen Abstand zum Alltag, den frischen Erinnerungen daran, wie endlich das Leben manchmal sein kann, zeichnete sich die Erkenntnis ab, dass der Kompass auf Veränderung zeigte. Sonst würde ich eventuell riskieren, dass mir das Ganze in den Kopf kriecht. Oder wie es einer meiner besten Freunde schön ausdrückte:
„Pflück deiner Seele lieber mal wieder ein paar Blumen als ihr weiter Scheiße ins Gesicht zu drücken.“
(??)
Zudem fühlte ich mich mehr und mehr festgefahren, das berühmte Hamsterrad vielleicht…das Gefühl kommt dem Einen oder Anderen möglicherweise bekannt vor…? Dazu hab ich übrigens mal Jemanden sagen hören „Das Hamsterrad sieht von innen manchmal aus wie eine Karriereleiter“. Viel Wahres dran denke ich…
Die Gedanken begannen zu Kreisen…
Nochmal ein paar Monate Kopf und Seele freiwaschen bei milden Temperaturen und in einer Umgebung die schon immer einen sehr positiven und auch inspirierenden Einfluss auf mich hatte war schnell eine Option, der es sich lohnte nachzugehen. Und so entstand in einem alten College-Block eine To-Do-Liste, die vom Kassensturz und Überarbeitung von Ausgaben über den Verkauf meines Mopeds, Kauf eines Vans, einigen wichtigen und fälligen Gesprächen und anderen, zahlreichen notwendigen Recherchen und Entscheidungen letztendlich zum Antrag auf Entlassung mit der Deadline Ende Juni führte. Ja und so passierte es dann schließlich…auch wenn ich lügen würde zu sagen, dass der Schritt mir sonderlich leicht gefallen wäre, vor Allem was Kollgen, Familie und Freunde angeht! Besonders meine Family (ein großer, wunderbarer _Haufen) hat mir schon eh immer, aber speziell auch in dieser Zeit sehr viel Halt gegeben ♥
Eine Weile lang hatte ich mich ziemlich zurückgezogen und isoliert, aber wie das Leben manchmal so spielt kam Ende Februar eine gute Freundin nach längerer Abstinenz unerwartet zurück in meine gerade etwas chaotische und instabile Welt gestolpert…in Ihrer sah es ironischerweise ganz ähnlich aus; so haben wir uns über die nächsten Monate gegenseitig beim Aus- und Umpacken unserer Päckchen begleitet und unterstützt. Befreundet sind wir bereits einige Jahre, aber in dieser Zeit haben wir uns dann auch mal wirklich auf fast allen Ebenen unserer Persönlichkeiten kennenlernen dürfen, was uns echt eng zusammengeschweißt hat. Eine intensive und schöne Zeit und Erinnerung daran: sich (Mit-)Teilen ist wichtig 🙂 Danke, kleiner Spasti :*
Es wäre vermessen nach so kurzer Zeit schon ein Fazit ziehen zu wollen. Aber bisher kann ich nur sagen dass ich den Schritt nicht bereue und interessiert beobachte, wie sich Knoten im Denken lösen, sich mancher gefühlte Zwang als selbst auferlegt und völlig unsinnig herausstellt und sich starre Strukturen und Ansichten durch die gewonnene Distanz relativieren. Das schafft hoffentlich die Basis dafür, einen besseren Fokus auf das zu richten, was ich vom Leben erwarte und auf welche Art und Weise ich es zukünftig führen möchte…
thx
Ich glaube der Zeitpunkt , dein Zeitpunkt ist gut gewählt. ich lese dich mit Wehmut , du schreibst sehr schön und einfühlsam , finde mich in vielen Schilderungen kurz wieder nur um kurz danach der „Sicherheit“ der Versorgung wieder den Vorzug zu geben. Aber was mir und das wollte ich dir gerne mitgeben, spontan einfiel als ich deinen Blog las sind ein paar Zeilen .
Tim Bedzko – Keine Maschine
Ich will mein Leben selbst gestalten, muss es wenigstens probieren
Ich brauche die Kontrolle zurück, kann nicht mehr nur funktionieren
Ich liege in Ketten aus
Unausgesprochenen Regeln
Trete auf der Stelle
Aber muss mich frei bewegen
Warum fiel mir das einfiel …. weil ein Kollege mir dieses vorspielte und sagte „er kann nicht mehr“ …. und deine Ausführungen über zeitliche Verfügbarkeiten und das man immer das Gefühl hatte man müsse arbeiten wenn andere feiern…..
Lieber Dennis es ist schön auf diesem Wege von dir zu lesen …. Pass bitte auf dich auf …..
Danke, Keule ? bin übrigens sehr froh dich auf dem Weg dahin zur Unterstützung an der Seite gehabt zu haben! 🙂
Dein traditionelles „Moin CB“ wird mir für immer in den Ohren bleiben. Ja, ich vermisse es sogar ein Stück weit.
Trotzdem bin ich froh, dass du diesen mutigen Schritt gewagt hast. Bei allem was du so beschreibst, war es die goldrichtige Entscheidung.
Haha irgendwann kommt nochmal Eins um die Ecke gerufen 😉 Danke
Wow.. Toll geschrieben!! Pass auf dich auf!!!
Dankeschön, Isa 🙂
Ich bewundere und respektiere dich für deinen Mut und die Kraft die Ketten des Hamsterrad gesprengt zu haben.
Als Freigeist dem Leben die Stirn zu bieten und den gesellschaftlichen Grundvorstellungen zu widersprechen, bedarf es einer enormen Portion von Selbtverantwortung. Unzufriedenheit zu erkennen, beim Namen zu nennen und aktiv für sein Glück und ein zufriedenes Leben zu kämpfen ist der Schlüssel zum Erfolg. Bedanke dich für die Vergangenheit, lebe im Augenblick und freu dich auf die Zukunft. Ich wünsche dir alles gute auf deiner Reise. Der Weg ist das Ziel
Halt die Ohren steif
Fisch
Danke, Jung! Trifft’s 🙂 dir auch alles Beste
Ich bin sowieso immer bei dir!
Toll geschrieben!!! Ich bin ja so unglaublich stolz auf dich! Großer Spasti :-*
Hey D. , ich habe großen Respekt vor der Entdcheidung die du getroffen hast und wünsche dir alles gute auf deinem Weg.
Mannomann…
da wollte ich nur mal ein bisschen schmökern, was der liebe Kollege schon so alles erlebt hat und dann kommt die Passage mit der Schilderung der Ereignisse ab Ende November.
Ein dicker Kloß im Hals mit anschwellender Tendenz hinderte mich daran, die Lektüre vorerst fortzusetzen.
Jetzt erst mal tief durchatmen und eine rauchen…
Und natürlich das „Hamsterrad“ … wer findet sich da nicht wieder?
Lange Rede, kurzer Sinn: Du bist ein prima Kerl und hast alles richtig gemacht!
Ich schreibe mal nicht, dass du auf dich aufpassen sollst, denn das machst du sowieso 😉
Irgendwann will ich unbedingt noch mal ein Bier mit dir trinken, du hast es versprochen!
Gruß, Kletti
Sehr schön geschrieben. Mir fällt nur jetzt nachdem ich alles gelesen habe, nichts sinnvolles ein, was man dazu schreiben könnte. Meinen Respekt hast du.
„liebe dein leben und dein leben liebt dich“
Boaah, ich bin ein wenig geplättet.
Habe jetzt erst in deinen Blog reingeschaut und bin total begeistert. Du machst das , was alle nur zu denken wagen. Am liebsten würde ich es dir nachmachen aber ich bin auch einer von denen „da oben“
zu alt, zu schisserig, zu träge, zu viel Verpflichtungen und und und.
Meinen größten Respekt hast du und ich freue mich jetzt schon auf die nächsten Berichte. Ein wenig fühle ich mich gerade als ob ich dabei wäre ;-)))
Pass auf dich auf !
Gruß Tommi